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Safe Sport

Gemeinsam stark gegen sexualisierte Gewalt im Sport

Von 10. Februar 2025Kein Kommentar

Prävention, Schutz und Verantwortung

Sport ist nicht nur ein körperlicher Ausgleich, sondern vor allem ein Raum, in dem junge Menschen sich entwickeln, Freundschaften knüpfen und soziale Kompetenzen erlernen. In München gibt es über 200.000 Kinder und Jugendliche, die in Sportvereinen aktiv sind. Damit stellen die Sportvereine den größten Jugendverband der Stadt dar und leisten neben der Förderung von Bewegung einen immensen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung. Die Werte, die dabei vermittelt werden – Gemeinschaft, Fairness, Respekt, Durchhaltevermögen – prägen viele Kinder und Jugendliche für das ganze Leben. Sportvereine sind Orte des Vertrauens, der Anerkennung und des Wachstums. Sie bieten den Rahmen, in dem Kinder und Jugendliche Anerkennung und Vorbilder finden – und selbst zu Vorbildern werden.

Doch so positiv der Sport in den meisten Fällen auch wirkt, gibt es leider auch eine Schattenseite, die nicht außer Acht gelassen werden darf: sexualisierte Gewalt. Untersuchungen zeigen, dass zwischen 20 und 30 Prozent aller Athlet

im Laufe ihrer sportlichen Laufbahn Opfer von sexualisierter Gewalt werden. Diese Zahlen sind erschreckend und zeigen, wie wichtig präventive Maßnahmen sind, um den Sport zu einem sicheren Raum für alle zu machen. Dies erfordert Wachsamkeit und Sensibilität von allen Beteiligten, insbesondere von Trainer*innen und Jugendleiter. Denn eines ist klar: Sportvereine dürfen keine Tatorte werden.

Sexualisierte Gewalt – Ein vielschichtiges Problem im Sport

Das Thema „sexualisierte Gewalt“ ist lange Zeit tabuisiert worden – auch im Sport. Doch in den letzten Jahren hat das Bewusstsein für dieses Problem durch öffentlich gewordene Vorfälle zugenommen. Sexualisierte Gewalt kann viele Formen annehmen. Sie reicht von verbalen und gestischen Belästigungen bis hin zu physischen Übergriffen. Besonders im Sport, wo körperliche Nähe oft unvermeidlich ist, entstehen potenzielle Gelegenheiten, die für Übergriffe missbraucht werden können. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle im Sport Tätigen – von den Trainer*innen bis zu den Ehrenamtlichen – diese Gefahren erkennen und entsprechend handeln.

Sexualisierte Gewalt wird in der Fachliteratur als eine Form der Machtausübung definiert, bei der Sexualität als Mittel zur Unterdrückung und Kontrolle Schwächerer genutzt wird. Dabei steht oft nicht die sexuelle Befriedigung im Vordergrund, sondern der Machtmissbrauch gegenüber dem Opfer. Diese Gewalt kann in verschiedenen Formen auftreten:

  • Hands-off-Handlungen: Hierzu gehören verbale und gestische sexuelle Belästigungen, unangemessene Textnachrichten oder das Zeigen von pornografischem Material.
  • Hands-on-Handlungen: Diese umfassen direkten körperlichen Kontakt, wie unerwünschte Berührungen, Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung.
  • Grenzverletzungen: Diese bewegen sich oft in einer Grauzone und lassen sich nicht immer klar als Übergriff einordnen. Hierzu zählen z. B. unerwünschte Berührungen bei Hilfestellungen oder Umarmungen.

Besonders gefährlich sind Situationen, in denen ein Machtgefälle zwischen Erwachsenen und Jugendlichen besteht. Im Sport ist dies häufig der Fall, da Trainer*innen oder Vereinsfunktionär eine starke Autoritätsposition einnehmen. Wenn das Vertrauensverhältnis missbraucht wird, kann es zu schwerwiegenden Übergriffen kommen. Die enge Bindung zwischen Sportler*innen und Trainer*innen sowie das gemeinsame Erleben von Erfolgen und Misserfolgen verstärken die emotionale Abhängigkeit – und diese kann ausgenutzt werden.

Die strukturellen Risiken im Sport

Sport hat eine positive Wirkung auf die Entwicklung junger Menschen. Er stärkt das Selbstbewusstsein, fördert den Teamgeist und lehrt wichtige soziale Fähigkeiten. Doch die besonderen Strukturen des Sports können auch Risiken bergen, die sexualisierte Gewalt begünstigen. Diese Strukturen sollten nicht als direkte Ursache verstanden werden, sondern als Faktoren, die Übergriffe erleichtern können, wenn Personen mit Gewaltmotivation Zugang haben. Hier sind einige der Hauptrisiken:

  • Körperzentrierung und Nähe: Sportliche Aktivitäten erfordern oft engen Körperkontakt, sei es durch Hilfestellungen, Massagen oder Partnerübungen. In manchen Sportarten kann zudem die Sportbekleidung – wie eng anliegende Anzüge im Turnen oder Schwimmen – eine Sexualisierung des Körpers fördern.
  • Umkleide- und Duschsituationen: Insbesondere nach Wettkämpfen oder Trainingseinheiten entstehen Situationen, in denen die Privatsphäre der Sportler*innen unzureichend geschützt ist. Es kommt vor, dass Athlet*innen von einem „Duschzwang“ berichten, der sie zu einer Situation zwingt, in der sie sich unwohl fühlen.
  • Gemeinsame Fahrten und Übernachtungen: Fahrgemeinschaften oder mehrtägige Turniere mit Übernachtungen bieten Gelegenheiten für Übergriffe, insbesondere wenn Trainer oder Betreuer allein mit den Kindern unterwegs sind. Die Enge eines Autos oder eines Hotelzimmers kann missbraucht werden, um Grenzen zu überschreiten.
  • Abgeschirmte Trainingssituationen: Einzeltrainings oder Besprechungen in abgelegenen Räumen oder abseits der Gruppe sind ebenfalls Risikofaktoren, da hier keine anderen Personen anwesend sind, die Übergriffe verhindern könnten.

Zahlen und Fakten – Die alarmierende Realität

Die Statistiken zu sexualisierter Gewalt im Sport sind alarmierend. Eine Umfrage des Deutschen Olympischen Sportbundes hat gezeigt, dass fast jede dritte Athletin und jeder vierte Athlet in Deutschland bereits sexuelle Übergriffe erlebt hat. Mädchen und Frauen sind dabei häufiger betroffen als Jungen und Männer. Diese Zahlen verdeutlichen, wie weit verbreitet das Problem ist und dass es sich keineswegs um Einzelfälle handelt. Experten gehen sogar davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt, da viele Fälle aus Scham oder Angst vor Konsequenzen nicht gemeldet werden.

Die psychischen und emotionalen Folgen für die Betroffenen sind schwerwiegend. Viele erleben Ohnmacht, Scham und Schuldgefühle und finden es schwierig, das Erlebte zu verarbeiten. Es ist daher besonders wichtig, dass Jugendleiter und Trainer geschult sind, um Anzeichen von Missbrauch zu erkennen und den Betroffenen Unterstützung anzubieten.

Was sind die Anzeichen von sexualisierter Gewalt?

Sexualisierte Gewalt hinterlässt oft tiefe Spuren im Leben der Betroffenen. Doch nicht immer sind diese sofort sichtbar. Viele Kinder und Jugendliche sprechen nicht offen über das, was ihnen passiert ist. Stattdessen zeigen sie oft andere Verhaltensweisen, die auf das Erlebte hindeuten können:

  • Rückzug aus sozialen Aktivitäten
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Übertriebene Wachsamkeit oder Schreckreaktionen
  • Wutausbrüche oder Reizbarkeit
  • Häufiges „geistige Abwesenheit“ oder auffällige Erinnerungslücken.

Als Jugendleiter oder Trainer ist es wichtig, solche Signale ernst zu nehmen. Bieten Sie den betroffenen Personen aktiv Unterstützung an und ziehen Sie bei Bedarf professionelle Beratungsstellen hinzu.

Prävention – So schaffen wir sichere Räume im Sport

Um sexualisierte Gewalt im Sport zu verhindern, ist es notwendig, präventive Maßnahmen zu ergreifen und eine Kultur der Aufmerksamkeit zu schaffen. Jeder Sportverein und Sportverband sollte ein Schutzkonzept entwickeln, das als Leitfaden dient und alle Beteiligten – Trainer, Jugendliche, Eltern und Ehrenamtliche – für das Thema sensibilisiert.

Ein solches Schutzkonzept kann aus verschiedenen Bausteinen bestehen:

  1. Schulungen und Sensibilisierung: Jugendleiter und Trainer müssen regelmäßig über das Thema sexualisierte Gewalt informiert werden. Dies kann in Form von Infoabenden oder Schulungen geschehen. Es ist wichtig, dass das Thema regelmäßig auf die Tagesordnung gesetzt wird, um es im Verein zu enttabuisieren.
  2. Selbstverpflichtung des Vereins: Der Sportverein sollte sich klar zum Schutz der Kinder und Jugendlichen bekennen und dies in seiner Satzung verankern. Eine Selbstverpflichtung zur Prävention und zum Kinderschutz zeigt, dass der Verein das Thema ernst nimmt.
  3. Eignung der Mitarbeitenden überprüfen: Alle Personen, die in der Jugendarbeit tätig sind, sollten ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. So kann verhindert werden, dass vorbestrafte Personen in sensiblen Bereichen tätig werden.
  4. Einbeziehung der Eltern: Eltern spielen eine zentrale Rolle beim Schutz ihrer Kinder. Es ist wichtig, dass sie in die Präventionsarbeit einbezogen werden und über das Schutzkonzept des Vereins informiert sind.
  5. Netzwerke aufbauen: Der Kontakt zu Fachberatungsstellen ist entscheidend, um im Fall eines Verdachts auf sexualisierte Gewalt schnell handeln zu können. Viele Beratungsstellen bieten zudem Informationsveranstaltungen für Vereine an. Wesentliche Beratungsinstitutionen in München sind unter anderem:
  • Kinderschutz München
  • AMYNA e.V.
  • IMMA e.V.

Die Verantwortung liegt bei uns allen

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt ist eine gemeinsame Aufgabe, die wir nur durch Zusammenarbeit und Aufmerksamkeit bewältigen können. Jugendleiter und Trainer tragen eine besondere Verantwortung, da sie in engem Kontakt zu den jungen Menschen stehen. Doch es ist nicht nur die Aufgabe Einzelner, sondern des gesamten Vereins, eine Kultur des Hinsehens zu schaffen.

Sportvereine sollten Orte des Vertrauens und der Sicherheit sein. Durch präventive Maßnahmen, klare Verhaltensregeln und eine offene Gesprächskultur können wir gemeinsam dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche sich im Sport entfalten können – ohne Angst vor Übergriffen.

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