Von Felix Hrdina
Wir leben in einer Welt, die immer schneller und digitaler wird. Globalisierung ist eines der großen Themen der heutigen Zeit und die Urbanisierung treibt immer mehr Menschen vom Land in die Städte. Doch warum liegen teils Welten zwischen der Lebensqualität und der wirtschaftlichen Leistung dieser Städte? Worin liegt der grundlegende Unterschied der Entwicklung in der heutigen Zeit? Die Antwort ist denkbar einfach: Die Zukunft einer Stadt hängt ganz davon ab, wie attraktiv sie für junge Menschen ist. Denn worin anders liegen die Möglichkeiten und Hoffnungen als in der jungen Generation? Aufgrund dieser Tatsache führt München nun sogenannte „Online-Jungendbefragungen“ durch. Wie unsere Stadt bei den Jugendlichen abschneidet, kann man der kürzlich veröffentlichten dritten Münchner Online-Jugendbefragung entnehmen.
Um der von Corona geprägten Situation Rechenschaft zu tragen, folgte auf die Hauptbefragung der Jugendlichen im Herbst 2020 eine spezifische Befragung von jungen Menschen in München zu den Auswirkungen von Corona. Die Fragen selbst sowie die Themenbereiche, die von den einzelnen Fragen abgedeckt werden, wurden von Jugendlichen erarbeitet. Die Stadt München verzeichnete bei der Hauptumfrage eine Teilnahmezahl von 3614 Jugendlichen im Alter von 16-24 Jahren, von denen der Großteil weiblich war. Mit fast 30 % der Teilnehmenden fällt außerdem besonders die Altersgruppe der 16- bzw. 17-Jährigen auf.
Eine Vielzahl der Befragten gab zudem an, seit ihrer Geburt in Deutschland zu leben und ca. 25 % der Teilnehmenden weisen einen Migrationshintergrund auf. Im Hinblick auf die Lebenssituation der Jugendlichen wird deutlich, dass hier die Schülerinnen und Schüler Münchens knapp vor den Studierenden liegen. Auf Platz 3 findet sich die Gruppe mit einer beruflichen Ausbildung, gefolgt von der Gruppe mit Berufstätigkeit ohne Ausbildung.
Nahezu alle der jungen Erwachsenen waren sich im Punkt der beruflichen Perspektiven einig: Sie betonen, dass sie vor allem die guten Berufschancen und Bildungsmöglichkeiten in München sehr schätzen. Überwiegend männliche Befragte gaben außerdem an, dass sie München als sehr sicher empfinden und eine Mehrheit an weiblichen Teilnehmerinnen fühlt sich in der Stadt besonders wohl. Allerdings waren die Befragten sich uneinig darüber, ob München ausreichend Gelegenheit bietet, um sich ohne Kosten mit Gleichaltrigen zu treffen und den eigenen Hobbys nachzugehen: Weniger als 60 % der Jugendlichen würden dieser Aussage zustimmen.
Hauptkritikpunkt der jungen Erwachsenen ist klar, dass ihrer Meinung nach den Jugendlichen in München nicht genug zugehört und Interesse geschenkt wird. Dagegen werden allerdings die kulturelle und gastronomische Vielfalt sowie die Entspannungsmöglichkeiten im Grünen von den Jugendlichen hervorgehoben. Auch die zahlreichen Sportangebote stehen ganz im Interesse der Befragten.
Hinzu kommen weitere Aspekte, die den Teilnehmenden in München noch gut gefallen: So wird München hier häufig als eine Großstadt mit „Dorfflair“ bezeichnet, der den besonderen Charme der Stadt ausmache.
Es lässt sich also durchaus behaupten, dass unsere Stadt sehr gute Bildungs- und Berufschancen, Wohlfühlcharakter und Sicherheit bietet. Jedoch fällt auf, dass sich männliche Befragte sicherer und akzeptierter in München fühlen als weibliche Teilnehmerinnen der Umfrage.
Jedoch ist es nicht zu bestreiten, dass das Wohnen und im Allgemeinen die Existenz in München immer teurer wird und immer weniger Menschen in der Lage sind, sich ein Leben in dieser Stadt zu leisten. So empfinden Jugendliche und junge Erwachsene unter anderem die hohen Kosten und den Leistungsdruck in München als enorme Belastung.
Mehr als 90 % haben rückgemeldet, dass ihnen das Leben in München zu teuer ist oder sie Angst haben, dass es ihnen bald zu teuer wird. Die Bürgermeisterin Verena Dietl gibt sich aufgrund dieses Prozentsatzes besorgt und betont, dass die Aussage der Jugendlichen ein „Alarmsignal [sei], dass wir sehr ernst nehmen müssen“. Darauf Bezug nehmend verspricht sie, sich weiterhin für ein „jugendgerechtes München“ einzusetzen.
Bezüglich des Konkurrenz- und Leistungsdrucks ergibt sich ein klares Bild: Über drei Viertel der Befragten nehmen den Leistungsdruck als zu groß wahr. Hier fühlen sich die männlichen Teilnehmer deutlich schwächer belastet als die weiblichen.
Doch nicht nur die Kosten für Wohnraum werden laut der Umfrage zunehmend untragbar. Neben diesen stehen vor allem die Lebenshaltungskosten der jungen Erwachsenen im Vordergrund. Dazu zählt beispielsweise der ÖPNV oder der Eintrittspreis für kulturelle Veranstaltungen.
Der Eintrittspreis für kulturelle Veranstaltungen war in der letzten Zeit jedoch weniger das Problem, da die Covid-19-Pandemie die Durchführung von vielen dieser Veranstaltungen schlicht unmöglich machte. Doch auch hier wird auf die besondere Situation Rücksicht genommen: So wurden aufgrund der besonderen Befragungszeit während der Corona-Pandemie im Herbst 2020 zusätzlich Fragen zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Jugendlichen gestellt.
Am meisten wurden die Befragten durch die fehlenden Treffen mit Freunden belastet. Hier empfanden männliche und weibliche Befragte den nicht vorhandenen sozialen Kontakt als gleich schlimm. Dagegen trafen die „Ausgangssperre ab 21 Uhr“ und die fehlenden sportlichen Möglichkeiten hauptsächlich die männlichen Befragten.
Vor allem Minderjährige hatten Angst, nach der Pandemie nicht mehr in der Schule mitzukommen und den „Stopp aller Veranstaltungen und Konzerte“ fanden mehr als die Hälfte der Mädchen und jungen Frauen sehr belastend.
Die aus der Umfrage gewonnenen Ergebnisse werden nun mit jungen Menschen und Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik diskutiert, wobei das Ziel darin besteht, sowohl neue Handlungsoptionen zu entdecken als auch bereits bestehende Optionen zu konkretisieren.