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Ein Dutzend Randsportarten in München, die du noch nicht kennst… heute: Softball

Ein Dutzend Randsportarten in München, die du noch nicht kennst..

Hängt die Freude an seinem Sport davon ab, ob dieser populär und allgemein beliebt ist? Oder kann die Sportlerin oder der Sportler auch in Disziplinen Spaß haben, die ein Schattendasein frönen? Wer sich die mediale Präsenz der Sportarten in Deutschland anschaut, wird schnell feststellen, hierzulande ist praktisch alles Randsport außer Fußball. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob die Sportart olympisch ist oder nicht. Wobei olympische Sportarten immerhin noch das Glück haben, alle vier Jahre zumindest kurzzeitig in den Fokus der TV-Übertragungen zu rücken. Dann wird dem Zuschauer in sehr dezenten Einspielungen der Randsport nahegebracht.

Eines steht fest: Unzählige Randsportlerinnen und -sportler gehen jede Woche ihrer Leidenschaft in Vereinen nach, trainieren hart, fahren zu Wettkämpfen und Turnieren und pflegen soziale Kontakte innerhalb ihres Sports. Und dies, weil es ihnen Spaß macht. Ob leistungsorientiert oder nicht, ob mit Freunden oder jeder für sich – viele macht es auch stolz, eine Sportart abseits vom Mainstream zu betreiben. Nach dem Motto „Fußball spielt doch jeder“ funkeln ihre Augen voller Leidenschaft, wenn sie ihren Sport einem Neuling oder Interessierten erklären. Eine verständliche Kurzdefinition der ausgeübten Sportart hat meist jeder nach einigen Malen auswendig im Kopf und beantwortet Fragen wie „Du spielst was?“ seinem unwissenden Gegenüber mit Leichtigkeit.

Christina Dietrich ist so eine Randsportlerin. Sie ist quasi ein Softball-Urgestein und sowohl als Trainerin im Jugend- und Erwachsenenbereich wie auch als Spielerin sehr erfolgreich. Zuletzt war sie Kapitänin der deutschen Softball-Nationalmannschaft und trainierte die Bundesliga-Damen der Freising Grizzlies als Spielertrainerin. Deshalb ist sie die perfekte Gesprächspartnerin, um über die Sportart Softball und Randsportarten ganz allgemein zu sprechen. Außerdem stellen auf den folgenden Seiten einige Vertreterinnen und Vertreter ihre spannenden und vielseitigen Sportarten vor. Lasst euch inspirieren und probiert sie einfach mal aus!

 

Liebe Christina, in deinen Worten: Was ist Softball?

Softball ist ähnlich wie Baseball. Die Grundregeln sind gleich. Zwei Mannschaften spielen gegeneinander und neun Leute stehen immer auf dem Feld. Das ist die „Defense“. Der „Pitcher“ wirft den Ball zu seinem „Catcher“. Ein Offensivspieler versucht diesen geworfenen Ball ins Feld zu schlagen. Es gibt vier „Bases“ im Viereck, um das der Offensivspieler einmal herumlaufen muss, um einen Punkt zu erzielen. Das geht so lange, bis drei „Aus“ passiert sind, beispielsweise dadurch, dass der Offensivspieler danebengeschlagen hat oder der Ball von der Defense direkt aus der Luft gefangen wird. Danach wechseln Defense und Offense. Im Unterschied zum Baseball ist das Feld etwas kleiner, der Ball ist größer, aber genauso hart (auch wenn es „Softball“ heißt) und der Pitcher wirft, statt der normalen Baseball-Wurfbewegung, von unten. Dadurch, dass die Distanzen kleiner sind, hat man kürzere Reaktionszeiten als beim Baseball.

Spielen nur Frauen Softball?

Nein, das war zwar ursprünglich so, aber mittlerweile gibt es auch Herren-Softball. Die Reaktionszeiten dort sind nochmal anspruchsvoller: Die Bälle werden dir quasi um die Ohren geschossen! Es gibt auch Mixed-Mannschaften, was man dann Barbecue-Softball nennt.

Was sind die Beweggründe für Spielerinnen und Spieler, Softball zu spielen und nicht Baseball?

Na ja, bei Mädchen ist das einfach: Es gibt keine Baseball-Liga für Frauen. Mädchen fangen meist zwar mit Baseball an und wechseln dann zum Softball. Auch ich habe das so gemacht. Man wechselt vor allem deshalb zum Softball, weil man sich auch in einem Wettbewerb mit anderen messen möchte.

Wie „groß“ ist die Sportart derzeit in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern?

Mit der Situation in den USA kann man es nicht vergleichen. Dort ist Softball eine College-Sportart, bei der die Spielerinnen ihre ganzen Scholarships mit verdienen können und ihre Spiele im TV übertragen werden. Häufig spielen auch US-Amerikanerinnen nach dem College für ein Jahr im Deutschland und da kann man gut sehen, welcher Niveauunterschied zwischen den Ländern besteht. In Europa sind vor allem Italien und Niederlande Softball-Nationen. In der Niederlande können Spielerinnen teils sogar vom Sport leben, hier in Deutschland müssen wir froh sein, wenn wir nichts draufzahlen müssen. Es ist gang und gäbe, dass man seine Auswärtsfahrten und Übernachtungen selbst bezahlen muss.

Wie würdest du die Nachwuchssituation in Deutschland beschreiben? Stößt die Sportart bei den Jüngsten auf Interesse?

Kommt ganz auf die Vereine und deren Nachwuchsarbeit an. In meinem Verein in Freising gehen sie von Schule zu Schule und stellen die Sportart vor. Denn das Hauptproblem ist, dass die meisten die Sportart gar nicht kennen. Sobald die Kids die Sportart aus der Schule kennen, funktioniert das in Freising wirklich gut, wir haben viele Jugendteams.

Was würdest du einem 8-jährigen Mädchen sagen, warum sie mit Softball anfangen sollte?

Softball ist vor allem deshalb großartig, weil es ein Teamsport ist und es dennoch Situationen gibt, wo du ganz auf dich allein gestellt bist. Wenn du am Schlag bist, gibt es eine 1-gegen-1-Situation. Man kann sich also auch mal selbst präsentieren. Dennoch gewinnt und verliert man nur im Team und weniger gute Leistungen können von deinen Mitspielerinnen aufgefangen werden. Die Sportart ist so vielfältig, dass einem nie langweilig wird. Schlagen, laufen, werfen, fangen…

Wie beurteilst du die Dominanz des Fußballs in Deutschland und die damit einhergehende geringere Aufmerksamkeit für viele andere Sportarten?

Natürlich in der Hinsicht nachteilig, dass Gelder in anderen Sportarten fehlen. Das Problem ist auch, dass man keine Coaches bekommt. Beim Fußball werden teilweise schon in niedrigsten Ligen Coaches bezahlt, wir mussten beispielsweise in der letzten Saison ohne Trainer spielen und haben uns selbst verwaltet, da fehlen schlichtweg die finanziellen Mittel. Man muss auch immer um Sportstätten, in unserem Fall Fußballfelder, kämpfen, die wir für unsere Sportart benötigen.
Selbst in der Nationalmannschaft haben wir in Turnhallen übernachtet und waren froh darüber, wenn wir mal in einer Jugendherberge untergekommen sind.

Wie ist die Zuschauersituation beim Bundesliga-Softball?

Dadurch, dass die Sportart so unbekannt ist, sind Zuschauer leider „Mangelware“. Und das obwohl man als Zuschauer eigentlich sehr schnell reinkommt, auch wenn man die Regeln zunächst nicht kennt. In den Playoffs hatten wir zuletzt Höchstzahlen von rund 250 Zuschauern, bei einem regulären Bundesligaspiel freuen wir uns, wenn 40 Leute da sind.

Wie oft kommt es vor, dass du erklären musst, was Softball eigentlich ist, wenn du erzählst, was du in deiner Freizeit machst?

Ja, die erste Frage ist immer, „Was ist Softball?“. Dann sage ich, dass es so ähnlich wie Baseball ist, womit die meisten etwas anfangen können. Ein Großteil geht dann davon aus, dass es also Baseball mit einem weichen Ball ist. Nein! Damit kann man viele verwirren …

Wie oft hört man von Mitspielerinnen und Mitspielern den Satz: „Fußball spielt doch jeder!“

Oft!

Noch mal zum Barbecue-Softball: Können solche Mixed-Lösungen oder andere innovative Lösungen eine Chance für Randsportarten sein?

Beim Mixed ist allein schon gut, dass man dadurch bei Randsportarten überhaupt Mannschaften zusammenbekommt. Häufig müssen Mannschaften aufgelöst werden, weil drei Mitspielerinnen das Team aus unterschiedlichsten Gründen verlassen. So etwas kann bei Mixed-Mannschaften leichter aufgefangen werden. Aus Sicht einer Frau finde ich auch, dass man eine andere „Competition“ hat, wenn man auch gegen Männer spielt.
Außerdem haben wir in Freising zum Beispiel auch Blindenbaseball, versuchen also auch hier innovative Wege zu gehen. Ansonsten, gerade wenn es darum geht, neue Mitglieder zu gewinnen, ist es unheimlich wichtig, an ganz verschiedenen Stellen die Sportart vorzustellen. Wir machen das unter anderem mit unserem Schulprojekt, aber organisieren für Firmen auch Events, sodass die Mitarbeitenden die Sportart ausprobieren können und danach gemeinsam gegrillt und gefeiert wird. So konnten wir die Sportart weiter publik machen. Hier hilft, glaube ich, nur Einsatz und Engagement. Die Jugend ist dabei das A und O, um voranzukommen. Ihr muss man die Sportart früh zeigen und sie dazu zu bewegen, von Anfang an dabei zu sein.

Wo können Kinder und Jugendliche in München oder der Umgebung Softball spielen?

In der nahen Umgebung von München zum Beispiel bei den Haar Disciples direkt an der S-Bahn-Station. Dort gibt es Baseball und Softball. Die München Caribes bieten Baseball an. Beim Hochschulsport gibt es die Munich Krasshoppers. Ansonsten eher außerhalb, zum Beispiel in Baldham oder bei uns in Freising.

Was wünscht du dir für Randsportarten?

Ich würde mir wünschen, dass man die finanziellen Mittel etwas gerechter verteilt. Wenn man vom großen Fußball nur einen sehr kleinen Teil wegnehmen und in Randsportarten stecken würde, würde das dem Fußball nicht wehtun und den anderen Sportarten wahnsinnig helfen. Auch die mediale Präsenz, vor allem im TV, halte ich für sehr wichtig, sodass auch kleinere Sportarten bekannter werden können.
Ich liebe Softball und die großartige Kombination aus Teamgefüge und Individualsport und kann nur allen empfehlen, ihre Sportart zu finden, die sie lieben, und nicht nur die Sportarten auszuprobieren, die die meisten machen.

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