Immer weniger Menschen engagieren sich ehrenamtlich, und das, obwohl es immer mehr Menschen gibt, die gerne Sport machen wollen. Während seit geraumer Zeit auch in Öffentlichkeit und Politik diskutiert wird, wie man das Ehrenamt attraktiver machen kann, so wird doch oftmals außer Acht gelassen, dass wir das eigentliche Potenzial des Ehrenamts noch lange nicht ausgeschöpft haben.
Wer sich ehrenamtlich engagiert, tut dies meist schon seit vielen Jahren. Entweder weil auch die Eltern, Verwandten oder Freunde schon im gleichen Verein aktiv waren oder weil man irgendwann mal gefragt wurde, ob man nicht auch mal irgendwo mithelfen mag. In den Vorstand wird gewählt, wer schon lange im Verein aktiv ist oder wer eben als verlässlich bekannt ist. Das ist zwar verständlich, aber für ein junges und buntes Ehrenamtsleben nun leider nicht immer förderlich.
Sport ist in unserer ganzen Gesellschaft fest verankert, egal wie alt oder welchen Geschlechts, auch im Handy-Zeitalter blüht die Vereinslandschaft und viele Menschen betreiben Sport, die meisten davon in Vereinen. Doch gerade in Sportvereinen ist ein Teil unserer Gesellschaft, nämlich insbesondere die Frauen, oft nur sehr selten in Vorständen, Leitungspositionen oder auch als Trainerinnen vertreten. Sicherlich mag es durchaus vom Sport abhängig sein, aber manchmal dient auch das nur als schnelle Ausrede, den eigentlichen Tatsachen nicht ins Auge blicken zu müssen. Denn selbst wenn es um Frauensport geht, sind es oft die männlichen Vereinsvertreter, welche die Interessen der Frauen vertreten. So blickt man beispielsweise im Frauenfußball bei Verbandsrunden hauptsächlich in männliche Gesichter und auch viele Trainer von Frauenmannschaften sind männlich. Diese Tatsache selbst ist natürlich nicht verwerflich, schließlich ist es schön zu sehen, dass sich Männer für den Frauensport starkmachen, aber das wäre auch andersherum schön, und noch seltener zu sehen als weibliche Trainerinnen von Frauenmannschaften sind weibliche Trainerinnen von Herrenmannschaften. Das wirft dann doch die Frage auf, wo sind all die sportbegeisterten potenziellen ehrenamtlichen Frauen und warum engagieren sich so wenige von ihnen sichtbar im Verein?
Wer im Verein schon mal ein Fest organisiert hat, weiß, dass es durchaus viele weibliche Hände gibt, die gerne mithelfen, viele oft leider unsichtbare Hände, ohne die eine solche Organisation nie zu stemmen wäre. Das Fehlen weiblicher Vorstandsmitglieder sowie weiblicher Trainerinnen und Abteilungs- oder Jugendleiterinnen liegt also vielleicht eher an einer gewissen Abscheu, sich in den Vordergrund drängeln zu wollen, anstatt an einer grundlegenden Abneigung gegenüber freiwilliger Arbeit.
Sowohl die MSJ als auch der BLSV versuchen verstärkt, auch Frauen für das Ehrenamt und vor allem auch für ehrenamtliche Führungsaufgaben in Vereinen zu gewinnen, denn nur wenn wir auch die weiblichen Stärken auf den Führungsebenen vertreten haben, können wir eine für die gesamte Gesellschaft zukunftsfähige Sportlandschaft bauen. Dies passiert durch das Einbringen von Änderungsvorschlägen für Jugendordnungen, um auch die Verbände zu einer ausgeglichenen Geschlechterbalance zu bewegen, wie auch durch Forderungen an die Politik, das Ehrenamt neben Beruf und oftmals Kinderbetreuung zu ermöglichen und auch ehrlich zu würdigen.
Wie aber bereits zu Beginn ausgeführt, liegt die eigentliche Aufgabe mehr Frauen für das Ehrenamt zu begeistern wohl bei den Vereinen selbst. Vielleicht muss man auf die ein oder andere Frau etwas öfter zu gehen als auf einen Mann, vielleicht muss man ihr am Anfang des ehrenamtlichen Engagements auch die Angst nehmen nicht genau zu wissen worauf sie sich einlässt oder auch ganz pragmatisch eine Redeliste im Vorstand einführen, um auch ruhigeren Mitgliedern die Möglichkeit zu geben bei Vorstandssitzungen gehört zu werden. Wer diese zusätzlichen Schritte wagt, der wird sicherlich einen stärkeren und ausgewogeneren und vor allem aber auch zukunftsfähigen Verein schaffen.
Wir alle wissen, dass sich das Ehrenamt langfristig nur tragen lässt, wenn es auf vielen Schultern verteilt werden kann, und wenn möglich auf vielen recht unterschiedlichen, denn auch unsere Vereinsmitglieder sind eben nicht alle gleich. Wenn wir es auf Vereinsebene schaffen, bei der nächsten Suche nach einem Vorstandsmitglied nicht wieder nur in den gleichen Kategorien wie beim letzten Mal zu denken, sondern uns selbst herausfordern auch mal etwas Diversität einzubauen, dann können wir plötzlich auch die sonst oft vergessene Hälfte des Ehrenamts aktivieren. Vielleicht hilft uns das auch dem gesellschaftlichen Trend entgegenzusetzen und das Ehrenamt auch für junge Menschen aller Geschlechter offener und beliebter zu machen. Einen Versuch ist es wert!
Dieser Artikel versucht nicht allumfassend zu sein und sicherlich gibt es auch bereits jetzt ganz wunderbare Trainerinnen, Leiterinnen und weibliche Vorstandsmitglieder, dennoch gibt es hier, auf ganz München betrachtet, noch viel Luft nach oben und genau an diesem Punkt will die MSJ sich gemeinsam mit allen Münchner Sportvereinen einsetzen. Wer bereits viele Frauen im eigenen Verein hat, kann anderen vielleicht mit Best Practice Beispielen helfen das auch zu erreichen, und wer Interesse hat auch im eigenen Verein mehr Frauen zu aktivieren, kann durch unsere Aktionen und Fortbildungen (z.B. „Frauen brauchen Sport, der Sport braucht Frauen“) vielleicht noch ein paar hilfreiche Tipps bekommen. Auch bei unseren „Sportjugend im Dialog“- Abenden diskutieren wir gemeinsam mit Vereinsvertreter*innen aktuelle Themen und welche Lösungsansätze es bereits gibt. Bei Interesse an diesem Thema oder unseren Veranstaltungen einfach eine E-Mail an info@msj.de schicken und mit uns in Kontakt treten. Übrigens sind bei uns alle Vereinsmitglieder oder Vertreter*innen herzlich eingeladen, also auch wer (noch) kein offizielles Amt im eigenen Verein bekleidet kann sich bei und gemeinsam mit der MSJ für den Sport in München engagieren. Auch freuen wir uns immer über positive Beispiele aus den Vereinen, also gerne auch hierzu einfach eine E-Mail an uns, wir freuen uns von Euch zu hören!